Arbeitgeber müssen prüfen, ob eine Substitution von Gefahrstoffen oder Verfahren möglich ist und diese vorrangig durchführen. Die Substitutionsprüfung muss dokumentiert werden. U. a. unterstützt das Spaltenmodell bei der Entscheidung für einen weniger oder nicht gefährlichen Ersatzstoff.
Vor Aufnahme von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen oder vor Einführung eines neuen Verfahrens, bei dem Gefahrstoffe freigesetzt werden können, muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung eine Substitutionsprüfung durchgeführt werden, um Gefährdungen zu verringern bzw. zu vermeiden.
Substitution ist der „Ersatz eines Gefahrstoffes oder eines Verfahrens durch einen Stoff, ein Gemisch, ein Erzeugnis oder ein Verfahren, der zu einer insgesamt geringeren Gefährdung für die Beschäftigten (Substitutionslösung) führt.“ (TRGS 600 „Substitution“)
Bevor Beschäftigte mit Gefahrstoffen umgehen oder Tätigkeiten ausüben, bei denen Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können, muss der Arbeitgeber prüfen, ob eine Substitution möglich ist (§ 6 Abs. 1 GefStoffV) und diese vorrangig durchführen (§ 7 Abs. 3 GefStoffV).
Diese Prüfung ist Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung. Der Gefahrstoff kann dann ganz oder teilweise durch den Ersatzstoff ersetzt werden. Ersatzverfahren sind technische Verfahren, mit denen ein vergleichbares Ergebnis ohne Einsatz von Gefahrstoffen oder Ersatzstoffen erreicht werden kann und Gefährdungen vermieden bzw. verringert werden.
Substitution bezieht sich also auf Stoffe, Gemische, Erzeugnisse bzw. Verfahren. Substitutionsprüfung ist auch bei der Planung zum Einsatz neuer Stoffe und Verfahren Pflicht.
Die Substitutionslösung muss die Gefährdungen am Arbeitsplatz insgesamt verringern, es muss dazu die Gesamtsituation berücksichtigt werden, d. h.: Der Ersatzstoff bzw. das Ersatzverfahren darf andere Gefährdungen nicht erhöhen und Schutzgüter nicht beeinträchtigen. Es müssen die Gefährdungen bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen einschließlich Wartungsarbeiten sowie Bedien- und Überwachungstätigkeiten betrachtet werden.
Das „STOP-Prinzip“ beschreibt entsprechend die Rangfolge von Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen (TRGS 500 „Schutzmaßnahmen“):
Verantwortliche im Arbeits– und Gesundheitsschutz müssen bez. Gefahrstoffen Änderungen zu Einstufung sowie Beschränkungen ermitteln. Dies gilt u. a. für die aktuelle Liste (Kandidatenliste) der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC) nach REACH sowie die Liste der krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Stoffe (KMR-Liste), die laufend aktualisiert werden. Die „KMR-Liste“ wird durch das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) aktualisiert und enthält KMR-Stoffe aus CLP-Verordnung und TRGS 905 / TRGS 906.
Unternehmen müssen überprüfen, ob neu in die Liste aufgenommene Stoffe zu veränderten Pflichten führen: So müssen z. B. Produkte, die Stoffe aus der sog. Kandidatenliste enthalten, in der SCIP-Datenbank gemeldet werden. Oder Titandioxid-Pulver mit mindestens 1 % Partikel mit aerodynamischem Durchmesser ≤ 10 µm gilt seit 01.10.2021 als Krebsverdachtsstoff (KMR-Liste).
Die Substitutionsprüfung erfolgt im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung. Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt können bei der Substitutionsprüfung bzw. bei der Bewertung, was für die spezifische Situation im Unternehmen geeignet ist, beraten und unterstützen. Es empfiehlt sich folgende Vorgehensweise (vgl. Anhang 1 TRGS 600):
Die Dokumentation empfiehlt sich im Gefahrstoffverzeichnis. Wird eine Substitution, die technisch möglich ist, aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht durchgeführt, so muss auch dies nachprüfbar dokumentiert werden.
Gibt es noch keine Empfehlung oder mehrere Möglichkeiten zur Substitution, ermöglicht das Spaltenmodell einen schnellen Vergleich von Stoffen und Gemischen anhand weniger Faktoren: akute und chronische Gesundheitsgefahren, Umweltgefahren, physikalisch-chemische Einwirkungen, Freisetzungsverhalten und -verfahren. Informationen zur Einschätzung liefern i. W. das Sicherheitsdatenblatt und die Kennzeichnung auf der Verpackung.
Achtung: Das Spaltenmodell darf nur angewendet werden, wenn der Hersteller die Stoffe und Gemische im Hinblick auf die gesundheitliche Gefährdung zumindest bezüglich akuter Toxizität, Hautreizung, Schleimhautreizung, erbgutveränderndem Potenzial und Hautsensibilisierung bewertet hat (Anhang 2 TRGS 600 und „Das GHS-Spaltenmodell 2020: Eine Hilfestellung zur Substitutionsprüfung nach Gefahrstoffverordnung“).
Die TRGS 600 wurde 2020 vollständig überarbeitet und dabei an den Stand von GefStoffV und TRGS 400 angepasst. Lieferanten müssen die Einstufungen gemäß CLP-Verordnung zur Verfügung stellen. Das Spaltenmodell wurde an die CLP-Verordnung angepasst. Das bisherige Wirkfaktorenmodell wurde gestrichen, da es sich lediglich auf die Betrachtung bzw. den Vergleich der Gesundheitsgefahren beschränkte, die von einem Stoff und seinem möglichen Ersatzstoff ausgehen.
Die TRGS 600 beschreibt nicht die Anforderungen, die nach der REACH-Verordnung an die Bewertung von Substitutionslösungen im Rahmen der Zulassung und von Beschränkungsverfahren gestellt werden. Wurde allerdings nach REACH-Verordnung eine betriebs- und verfahrensbezogene Zulassung für die Verwendung eines Stoffes erteilt, kann bei der Prüfung der Möglichkeiten der Substitution auf die REACH-Dokumentation verwiesen werden.
Die Substitutionsprüfung muss vor dem Beschaffen bzw. Einführen neuer oder geänderter Arbeitsstoffe bzw. -verfahren im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Wesentliche Kriterien sind technische Eignung und gesundheitliche sowie Brand- und Explosionsgefährdungen.
Eine konkrete Frist zur Wiederholung der Substitutionsprüfung legen weder GefStoffV noch TRGS 600 fest. Da sie jedoch Teil der Gefährdungsbeurteilung ist, muss sie spätestens bei der regelmäßigen Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung erfolgen.
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